Offener Brief gegen die bundesweite Einführung von AnKER – Zentren nach bayerischem Vorbild

Alveno Regensburg, BI Asyl, Campus Asyl, Helferkreis Weinweg und der Refugee Law Clinic Regensburg und die Initiative Regensburg: Ausbildung statt Abschiebung haben gemeinsam einen offenen Brief (PDF) gegen die Einführung von AnKER-Zentren an Parlamentsabgeordnete und zuständige Behörden von Stadt /Landkreis Regensburg bzw. Oberpfalz verfasst:

Was in Bayern nicht gut ist, wird im Bund nicht besser
Offener Brief gegen die bundesweite Einführung von AnKER-Zentren nach bayerischem Vorbild

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor knapp einem Jahr eröffnete in Regensburg das „Transitzentrum“ für Geflüchtete mit sogenannter „geringer Bleibeperspektive“. Im neuen Koalitionsvertrag kündigt die Bundesregierung die deutschlandweite Einrichtung von Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentren, kurz AnKER-Zentren, an. Die Führung des Bundesministeriums des Innern durch die CSU weckt die Befürchtung, dass das bayerische Modell der Transitzentren zur Vorlage für den Bund werden soll. Als Vereine und Organisationen vor Ort, die mit Geflüchteten zusammenarbeiten und diese unterstützen, haben wir in den vergangenen Monaten festgestellt, dass das Konzept Transitzentrum desaströs ist. Die bundesweite Einführung von AnKER-Zentren muss daher unbedingt verhindert werden.

Mit der Einrichtung von Transitzentren verfolgt die bayerische Staatsregierung das Ziel beschleunigter Asylverfahren und schnellerer Abschiebungen. Zu diesem Preis werden rechtsstaatliche und humanitäre Prinzipien missachtet. Anstelle eines kurzen Aufenthalts im Transitzentrum beobachten wir, dass die meisten Bewohnerinnen und Bewohner seit vielen Monaten dort festsitzen. Wurde bisher nach maximal sechs Monaten in einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) eine Umverteilung in Gemeinschaftsunterkünfte vollzogen, so ist es nun konzeptionell bedingt, dass Menschen auf unbestimmte Zeit unter schwierigsten Umständen leben müssen.

An den Bedingungen vor Ort kritisieren wir konkret: die Bewohnerinnen und Bewohner werden gezielt sozial isoliert. In einer mit Stacheldraht umzäunten ehemaligen Kaserne leben in Regensburg ca. 450 Geflüchtete zwangsweise abgeschottet, mit der Konsequenz, ihre Rechte nicht wahrnehmen zu können. Kinder und Jugendliche werden entgegen der Praxis in den EAEs, in denen sie nach drei Monaten eine Regelschule besuchen können, auf dem Gelände in Lagerschulen unterrichtet. Dies erschwert ihr Lernen massiv. Umverteilungsanträge hin zu Ehepartnern und minderjährigen Kindern werden stark erschwert. Das verstärkte Sachleistungsprinzip reduziert zunehmend die Selbstbestimmung. Es ergehen fehlerbehaftete Asylbescheide in Folge überstürzter Verfahren, über die im weiteren Verlauf überlastete Gerichte entscheiden müssen.

Grundsätzlich verhindert die zeitlich unbegrenzte Unterbringung in zentralen und abgeschotteten Unterkünften Begegnung und Austausch zwischen Geflüchteten und der Bevölkerung. Kurz: sie verhindert gelingende Integration und spaltet die Gesellschaft. Wir betrachten diese langfristige soziale Isolation als entwürdigend und als Missachtung der Menschenrechte. Die Unterbringung im Transitzentrum schürt ab dem ersten Tag Angst und Hoffnungslosigkeit bei den Bewohnern. In der Folge beobachten wir eine Zunahme von Depression und Aggression, die sich unmittelbar auf das Konfliktpotential innerhalb der Unterkunft auswirkt.

Durch die Einführung von Transitzentren unterscheidet der Staat künstlich zwischen Geflüchteten erster und zweiter Klasse. Noch vor der eigentlichen Entscheidung über ihren Asylantrag wird ihnen eine Perspektivlosigkeit auferlegt, die unmissverständlich klar machen soll, dass sie nicht erwünscht sind. Jene, die trotz der vermeintlich „geringen Bleibeperspektive“ einen Schutzstatus erhalten, erfahren somit den schlechtmöglichsten Start in Deutschland. Einem erfolgreichen Integrationsprozess werden damit von Beginn an wertvolle Chancen genommen.

Nicht zu rechtfertigen ist, dass all dies von der bayerischen Staatsregierung ohne echte Notwendigkeit billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar gezielt angestrebt wird. Es wird staatlicherseits ein Ausnahmezustand suggeriert, der eine solche Unterbringungsform rechtfertigen soll. Die tatsächlich aber sinkenden Ankunftszahlen von Geflüchteten, welcher einer Verlagerung der Thematik an die EU-Außengrenzen geschuldet sind, widerlegen dies klar. Gleichzeitig gäbe es daneben ausreichend Plätze in bewährten, dezentralen Unterkünften.

Wir fordern: Transitzentren müssen abgeschafft werden und dürfen keinesfalls zur Blaupause für bundesweite AnKER-Zentren werden.

Wir schließen diesen Brief in der Hoffnung, dass andere Vereine, Organisationen und Beratungsstellen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, ebenfalls ihre Stimme erheben und sich unserer Forderung anschließen.

Kundgebung: STOP IT! Gegen rechte Hetze – für eine offene Gesellschaft

Die Initiative Regensburg: Ausbildung statt Abschiebung ruft zur Teilnahme an der Kundgebung auf und wird selbst daran teilnehmen.


+++SAMSTAG 24.03.18 11 UHR DOMPLATZ WESTPORTAL+++

Am 24. März will die AfD gegen den Bau einer Moschee im Stadtosten von Regensburg demonstrieren. Während sich die rassistische Hetze der immer offener extrem rechten Partei in den letzten Jahren maßgeblich gegen Geflüchtete gerichtet hat, rücken damit wieder MuslimInnen in den Fokus.

Neu ist dieser kulturreligiös verklausulierte Rassismus nicht. Kampagnen gegen Moscheebauten, Minarette oder ‚das Kopftuch‘ gehören seit knapp zwei Jahrzehnten fest zum Repertoire der extremen Rechten. ‚Die Muslime‘ oder ‚der Islam‘ dienen dabei als Projektionsflächen und werden mit allerlei Gefahren verknüpft: Terrorismus, ‚Islamisierung‘ und ‚Überfremdung‘. In jüngerer Zeit werden zudem zunehmend Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen, Homosexuelle und Jüdinnen und Juden instrumentalisiert, um Ängste zu schüren und damit Zustimmung für das eigene Programm zu erlangen.

Ob nun Geflüchtete oder MuslimInnen das Ziel sind, es geht der extremen Rechten um rassistische Ausgrenzung. Tatsächliche oder vermeintliche soziale und kulturelle Unterschiede zwischen ‚den Deutschen‘ und ‚den Anderen‘ werden zu unveränderlichen Zuständen verklärt, es findet eine zwangsweise Homogenisierung innerhalb der sich angeblich unvereinbar gegenüberstehenden Gruppen statt und schließlich wird eine Hierarchisierung vorgenommen.

Für die extreme Rechte steht dabei die angebliche eigene Überlegenheit von vornherein fest, woraus sie für sich das Recht zur politischen, ökonomischen und kulturellen Dominanz und den Ausschluss der marginalisierten Gruppen ableitet.

Dieser Rassismus drückt sich in den verschiedensten Formen aus: In alltäglichen Diskriminierungen und Angriffen gegen tatsächliche oder vermeintliche Geflüchtete, MuslimInnen und MigrantInnen, in Brandanschlägen, Gewalttaten und Morden, in der europäischen Abschottungspolitik, der Asylgesetzgebung und Abschiebungen oder eben auch in den Wahlergebnissen der AfD, die zu einer allgemeinen Rechtsverschiebung der Politik beitragen.

Wir sagen „STOP IT! Rechter Hetze entgegentreten“. Statt Rassismus setzen wir auf Solidarität, Emanzipation und soziale Gerechtigkeit. Damit ist für uns auch klar, dass wir den Islamismus als im Kern reaktionäre politisch-soziale Bewegung ebenso ablehnen, wie das autokratische System des türkischen Präsidenten Erdogan mit seiner Verfolgung jeglicher oppositioneller Kräfte im Inneren und seiner neo-osmanischen Außenpolitik.

Während die AfD in ihrer rassistischen Agitation die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Jüdinnen und Juden lediglich instrumentalisiert, ihr Weltbild tatsächlich diesbezüglich jedoch bedeutende inhaltliche Gemeinsamkeiten mit dem Islamismus und dem System Erdogan aufweist, gehört für uns der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit, sexuelle Vielfalt und gegen Antisemitismus zum Alltag. Lasst uns am 24. März gemeinsam ein Zeichen gegen den Rassismus der AfD setzen!

Kommt zur Kundgebung um 11:00 Uhr auf den Domplatz (Westportal) und beteiligt euch am lauten und vielfältigen Protest.

Mahnwache am Alten Rathaus

Unter dem Motto „Keine Abschiebung nach Afghanistan“ fand am Freitag, dem 16.03.2018, 14:00-14:30 wieder eine Mahnwache am Alten Rathaus in Regensburg statt.

Weitere Mahnwachen sind geplant. Sehr gerne teilen und unterstützen wir diese Veranstaltungen und werden die Termine ankündigen!

 Mahnwache „Keine Abschiebung nach Afghanistan“

Wer sind wir?
Menschen, die in Beruf, ehrenamtlichem Engagement oder Privatleben mit Flüchtlingen zu tun haben, von diesen Menschen begeistert und vom Umgang deutscher, vor allem aber bayerischer Behörden mit ihnen entsetzt sind.

Inwiefern entsetzt?
Wir finden es ebenso unmenschlich wie unsinnig, dass

* afghanische Bäckerlehrlinge,
die von Ihrem Arbeitgeber als gut integriert und fleißig beschrieben werden, abgeschoben werden, obwohl ihr Arbeitgeber sie gerne weiter beschäftigen möchte

* afghanischen Jugendlichen gar nicht erlaubt wird, eine Ausbildung zu beginnen, obwohl viele Betriebe Interesse hätten, Afghanen zu beschäftigen

* afghanische Schüler, die von Ihren Lehrern als gut integriert und fleißig beschrieben werden, abgeschoben werden

* deutsche und bayerische Behörden im Unterschied zum Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen davon ausgehen, dass es in Afghanistan sichere Gebiete gibt, was durch aktuelle Berichte immer wieder offensichtlich widerlegt wird.

Wieso gerade Afghanen?
Weil sie momentan eine der am stärksten von unserer Ansicht nach ungerechtfertigter Abschiebung bedrohte Gruppe sind. Wir unterstützen aber natürlich auch Flüchtlinge anderer Nationen, z.B. mit einer Unterschriftenliste.

Wer kann teilnehmen?
Jeder der diese Gedanken nachvollziehen kann und ein Zeichen gegen die derzeitige Abschiebungspraxis setzen möchte. MZ und TVA waren auch schon mal vor Ort und wir hoffen, dass immer mehr Menschen unser Anliegen unterstützen und dies durch kontinuierlichen Protest sichtbar machen.

Wann findet die Mahnwache statt?
Seit dem 24. März 2017 versuchen wir, während der Schulzeit immer freitags von 14.00-14.30 Uhr vor dem Alten Rathaus Regensburg präsent zu sein.

Der letzte genehmigte Termin war der Freitag, der 1.12.2017, das war dann unsere 16. Mahnwache. Weitere Termine werden hier veröffentlicht, bald hoffentlich auch mit längerem Vorlauf.

Plattenversteigerung für die Initiative Regensburg: Ausbildung statt Abschiebung

Am Montag, dem 12.3. 21:30 kam unter dem Motto „Dig & Bid“ in der Alten Filmbühne wieder Vinyl unter den Hammer. Der Erlös ging zum wiederholten Male an unsere Initiative! Wir danken herzlich Dieter Ehness, Valentin Kordas, der Filmbühne und allen anderen Beteiligten!

True Warriors – Filmvorführung und Gespräch

Die Initiative Regensburg zeigte am 26./27.2. gemeinsam mit der Filmgalerie – Kino im Leeren Beutel, der Petry-Kelly-Stiftung und Amnesty International vier mal den Film „TRUE WARRIORS“.

Der Dokumentarfilm portraitiert eine Künstlergruppe in Kabul, Afghanistan, deren Theaterstück über Selbstmordanschläge selbst zum Ziel eines Selbstmordanschlags wird.
TRUE WARRIORS ist eine Geschichte über die Kraft der Kunst, die Stärke der Freundschaft und den unbedingten Willen, sein Land zu verändern. Zugleich aber auch eine Erzählung über die Gründe, aus denen sich so viele Afghanen seit 2014 für die Flucht nach Europa entscheiden – und über ihr Ankommen in Deutschland.

Weitere Hintergründe zum Film aus unserer Pressemeldung (PDF)

Anwesend zum Publikumsgespräch am 27.2. war die Regisseurin Ronja von Wurmb-Seibel.

Die Initiative Regensburg: Ausbildung statt Abschiebung steht zwischen und nach den je beiden Vorführungen für Gespräche zur Verfügung und möchte über ihr Anliegen informieren.

Ausserdem gab es jeweils zwischen 19:00 und 20:00 Uhr einen afghanischen Imbiss.

Wir haben uns sehr über die zahlreichen Besucher besonders am zweiten Tag gefreut. Der Film über diese bewundernswerten und mutigen Menschen hat alle sehr bewegt.

Abschiebungen: Bayern hält trotz Kritik an seiner strikten Linie fest. Ist das konsequent oder inhuman? / BR

Abschiebungen: Bayern hält trotz Kritik an seiner strikten Linie fest. Ist das konsequent oder inhuman? / BR

Das Radiomagazin „Sonntags um 11“ von B5 aktuell interviewte am 25.2. unser Mitglied, den Afghanistanexperten Albert Rogg zum Thema Abschiebungen. Das Interview dauert von Minute 8:02 bis 12:14.

„Ich habe [junge Afghanen] unterrichtet, ein Jahr lang  […] die sind vom bayerischen Staat aus wunderbar beschult worden – es war ein Erfolgsmodell. […] Es ist immer versprochen worden, wenn ihr euch anstrengt, Deutsch lernt, dann bekommt ihr […] die Möglichkeit einen Lehrvertrag zu bekommen und dann hierzubleiben. Die haben das gemacht und plötzlich kam diese massenhafte Ablehnung und die Androhung, innerhalb 30 Tagen Deutschland zu verlassen. [Die Abschiebung] ist konsequent inhuman. […] [Es] tritt plötzlich eine unglaubliche Destabilisierung ein, die haben sich angestrengt, sehen ihre Arbeit entwertet – wir Lehrer sehen unsere Arbeit übrigens auch entwertet – und fangen an […] Schlafstörungen zu haben, einige meiner Schüler sind in psychatrischer Behandlung, einer hat einen Selbstmordversuch gemacht. […] Seit 40 Jahren ist in Afghanistan Krieg […] da könnt ihr niemand zurückschicken!“ (Albert Rogg)